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Christina Berndt: Wie das Max seinen Namenspatron verriet

Die SZ-Wissenschaftsredakteurin Christina Berndt war während der Corona-Krise eine der intellektuellen Scharfmacherinnen und Treiberinnen der Massenhysterie. Trotz substanzloser, menschenverachtender Hetzereien gegen Ungeimpfte wurde sie mit Medienpreisen überhäuft. Ihre ehemaliges Gymnasium lud sie anläßlich eines Schuljubiläums als Gastrednerin. Doch just dieses Gymnasium hatte sich vor einigen Jahren den Namen eines jüdischen NS-Widerstandskämpfers gegeben.

Eine Schule braucht einen neuen Namen

Eine Namensgebung einer Schule mit einer Person [muss] auch von der Schule gelebt werden.

Rico Mecklenburg (SPD) im Schulausschuß Emden am 29.01.2015

Das Gelände des ehemaligen Gymnasium am Treckfahrtstief wird, gleich einer alten Wasserburg, zu drei Seiten umringt vom Emder Stadtgraben und dem namensgebenden ehemaligen Handelskanal, der seit gut zweihundert Jahren die Seehafenstadt mit der weit im ostfriesischen Binnenland liegenden Provinzhauptstadt Aurich verbindet. Nicht ganz so alt wie der Kanal war die Schule, die seinen Namen trug. Das GaT ging zurück auf das 1872 gegründete Lyzeum, also das Mädchengymnasium, welches nach mehreren Standortwechseln in den 1960ern in die seinerzeit neu errichteten Gebäude an der Hermann-Löns-Straße einzog.

Hier legte Christina Berndt das Abitur ab: Das ehemalige Gymnasium am Treckfahrtstief (heute IGS Emden) an der Hermann-Löns-Straße in Emden im April 2024.

Als ich selbst zum Schuljahr 1992/93 von der Orientierungsstufe[1]Anm.: In Niedersachsen nannte sich so seinerzeit noch eine zweijährige Übergangsschule zwischen Grundschule und Mittelstufe. Das System wurde kurz nach der Jahrtausendwende an das übrige … Continue reading ans GaT wechselte, merkte man der Schule ihre Vergangenheit als reines Mädchengymnasium an einigen Details noch an. So fluchte unser Musiklehrer fortwährend über die katastrophale Akustik im viel zu großen Musikraum. Der hatte vormals die Schulküche für den Hauswirtschaftsunterricht beherbergt. Noch immer prangten am Sicherungskasten hinter dem Lehrerpult die alten Beschilderungen für mehrere Elektroherde. Neben den jeweiligen Klassentrakten war jeweils nur ein Toilettenraum vorhanden. Wer während des Unterrichts einmal austreten musste, der hatte je nach Klassenraum und Geschlecht einen langen Marsch vor sich. Bei gewissen Lehrern machten wir Schüler davon gerne Gebrauch.

Kurz nach meiner Einschulung kam dem GaT dann der Direktor abhanden. Er hatte zwar noch eine Parallelklasse als Klassenlehrer übernommen, war dann aber immer häufiger ausgefallen. Bald machten Gerüchte die Runde, er sei ins Esoterische abgedriftet. Irgendwann kehrte er gar nicht mehr in den Dienst zurück – die Direktorenstelle blieb über Jahre vakant. Da ohne Direktor der Draht in die seinerzeit chronisch klamme Stadtverwaltung fehlte, verfiel die Bausubstanz und die Anmeldungen gingen zurück. Manche Fenster durften wir nicht mehr öffnen, weil die Gefahr bestand, dass sie dann einfach aus ihren Rahmen fallen könnten.

Erst, als gegen Ende meiner eigenen Schulzeit ein neuer Direktor gefunden wurde, ging es mit der Schule wieder deutlich bergauf. Schnell flog das alte, dauerdefekte Sprachlabor[2]Sprachlabore waren soetwas wie die Luftfilter der 1970er-Jahre. raus und musste einem neuen Informatikraum weichen. Stolz präsentierte uns unser alter Mathelehrer auf einem Ehemaligen-Treffen kurz nach der Jahrtausendwende einen komplett sanierten naturwissenschaftlichen Trakt. Zu unserer Schulzeit sah es dort noch so aus, als hätte man dort die Feuerzangenbowle gedreht.

Als dann im zum Schuljahr 2005/06 in Niedersachsen das Zentralabitur eingeführt wurde, gab es auch in schulischer Hinsicht eine positive Überraschung:

Das GaT, das lange Zeit in der Emder Schulszene hinter dem Johannes-Althusius-Gymnasium lediglich die zweite Geige gespielt hatte, lag beim Notendurchschnitt der vereinheitlichten Prüfungen plötzlich vor dem ehemaligen Jungengymnasium. Die Schule hatte sicht nachweislich zum besten Gymnasium in Ostfriesland gemausert. Weil Niedersachsen zudem die ungeliebte Orientierungsstufe abgeschafft hatte und die Gymnasien wieder Fünft- und Sechstklässler unterrichten mussten, platzte die Schule aus allen Nähten. Auf der beengten Halbinsel am Treckfahrtstief ließ sich eine Erweiterung nicht mehr realisieren.

Das Treckfahrtstief im Emder Stadtteil Wolthusen. Links hinter den Bäumen ist der naturwissenschaftliche Trakt des ehemaligen GaT erkennbar.

Mit Beginn des Schuljahres 2015/16 zog das bisherige GaT in neue Räumlichkeiten am Steinweg[3]Am Treckfahrtstief residiert seither die Oberstufe der Integrierten Gesamtschule Emden.. Ein guter Kilometer Luftlinie lagen nun zwischen der Schule und ihrem ehemaligen Standort umgeben von Wasser. Mit dem Umzug in das neue Schulgebäude musste also auch ein neuer Name her.

Die übliche Riege der Gutmeinenden verfügt über einen unangenehmen Hang zu Penetranz und Hypes. In der manchmal schon ins Wahnhafte abgleitenden nachträglichen Bekämpfung des Nationalsozialismus werden Säulenheilige geboren und ganze Straßenzüge mit Stolpersteinen gepflastert, sodass es sich hervorragend auf den Namen der Geschundenen herumtrampeln lässt. Sie können sich ja nicht mehr dagegen zur Wehr setzen.

In Emden traf dieser Erinnerungseifer Mittte der 1990er-Jahre den jüdischen Widerstandskämpfer Max Windmüller. Windmüller selbst kann dafür nichts. Er gehörte zu jenen Mitgliedern der französischen Résistance, die einen derartigen Zorn des NS-Regimes auf sich zogen, dass es sie noch im Moment seines Untergangs unter bizarrem Aufwand in seinem täglich schwindenden Machtbereich hielt. Die Widerstandsgruppe, der Windmüller angehörte, hatte wohl hunderten jungen Juden zur Flucht vor dem NS-Terror über Vichy-Frankreich und Spanien ermöglicht. Windmüller starb tragisch noch in den allerletzten Kriegstagen auf einem Todesmarsch bei der Evakuierung Buchenwalds vor den heranrückenden amerikanischen Truppen.

Windmüller wurde deswegen posthum Beteiligter einer der typischen Namensdiskussionen, die uns vornehmlich seit der Wiedervereinigung immer mal wieder begegnen. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es in Emden eine sehr aktive jüdische Gemeinde mit Synagoge, jüdischem Friedhof und einem jüdischen Viertel. Eine Straße in der Innenstadt hieß daher seit Ewigkeiten Judenstraße, bis die Nationalsozialisten sie noch im Jahr der Machtübernahme vergiftet-neutral in Webergildenstraße umbenannten. Auch Jahrzehnte nach dem Untergang des nur zwölf Jahre bestehenden tausendjährigen Reichs trug die Straße noch immer den oberflächlich unverfänglichen NS-Namen. 1998 wurde sie nach heftigem Schlagabtausch mit der dortigen Anwohnerschaft umbenannt:

Max Windmüller bekam seine Straße.

Hier passte das. Windmüller selbst hatte zwar nie in der alten Judenstraße gewohnt, sondern war im Nachbarviertel in der Mühlenstraße aufgewachsen. Jedoch erscheint es angemessen, dem Vernichtungs- und Umbennungswahn der Nationalsozialisten hier im Gedenken an den seinerzeit etwas in Vergessenheit geratenen Résistancekämpfer eine späte Niederlage zu bereiten[4]Ähnlich sehe ich das übrigens bei all den Hindenburgplätzen, die landauf, landab, zum Teil bereits in der Weimarer Republik nach dem elenden Kriegstreiber umbenannt wurden..

Nur: Manchem Gutmeinenden reichte das nicht.

Am GaT hatte sich ein inzwischen pensionierter Geschichtslehrer massiv dem Gedenken Max Windmüllers angenommen. Das war bereits in den 1990er-Jahren während der Diskussionen um die ehemalige Webergildenstraße so gewesen. Der Lehrer hatte das Thema in seinen Klassen immer wieder mal in den Unterricht integriert und verteilte in der Schülerschaft die entsprechenden kleinen Broschüren. Sie stehen auch bei mir im Bücherregal. Der junge Windmüller hatte ein paar Gedichte verfasst – ganz hübsch, aber nunmal auch eben nicht mehr, als was junge Männer seinerzeit eben so als Gedichte verfassten. Ein Emder Wolfgang Borchert oder Georg Büchner ist Windmüller nicht – da fehlt es seinem Œuvre dann doch etwas an Fleisch.

Neue Räumlichkeiten des ehemaligen GaT nach dem Umzug: Das Max-Windmüller-Gymnasium am Steinweg in Emden

Als ich selbst vom anstehenden Umzug und dem dadurch notwendigen neuen Namen „meines“ alten Gymnasiums Wind bekam, stellte sich bei mir ein gewisses Störgefühl ein – nicht, wohlgemerkt, weil ich etwas an Windmüller persönlich auszusetzen hatte, sondern eher, weil mir der um ihn entstandene lokale Personenkult innerlich widerstrebte. Zudem wirkte die Debatte um den neuen Namen bereits merkwürdig gelenkt. Es gab zwar seinerzeit eine Abstimmung und die Möglichkeit, eigene Vorschläge einzureichen – aber eine wirkliche Debatte konnte nicht aufkommen. Der Geschichtslehrer hatte den Windmüller-Floh bereits mit Eifer der Schulgemeinschaft ins Ohr gesetzt. Und wer konnte oder wollte schon widersprechen, die Schule nach einem Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus zu benennen?

Ich warf damals aus einer Bierlaune heraus mit einer kurzen Mail Henri Nannen in den Ring. Der Stern-Herausgeber hatte mit der Kunsthalle seiner Heimatstadt eine feine, kleine Pinakothek von bundesweiter Beachtung geschenkt. Vielleicht hätte man das ursprüngliche Mädchen-Gymnasium auch nach einer Frau benennen[5]Eine Kandidatin wäre beispielsweise die ehemalige Lehrerin Dr. Greta Hopp gewesen, die der Schule ein erhebliches Vermögen gestiftet hatte, um mittellose Schüler beispielsweise bei Klassenfahrten … Continue reading oder es mit dem Personenkult auch einfach sein lassen können und einen neutralen Ortsnamen gewählt. Aber gegen den Windmüller-Hype kam vor knapp zehn Jahren niemand mehr an.

Aus dem ehemaligen GaT wurde also am neuen Standort das Max. Und auch wenn die Art und Weise, auf welche das Gymnasium zu diesem Namen kam, etwas Unbehagen auslöst, es ist natürlich keine Name, für den sich die Schule zu schämen braucht. Allerdings mahnt dieser Name, wie im Zitat des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Emder Stadtrat, Rico Mecklenburg, zu Anfang dieses Textes angedeutet, zu einer gewissen Verantwortung.

Und an dieser Stelle wird es heikel.

Eine ganz besondere Alt-Abiturientin

2022 stand das 150jährige Gründungsjubiläum des ursprünglichen Mädchengymnasiums an, aus dem letztlich das Max hervorgegangen war. Mutmaßlich im Zusammenhang mit der Corona-Hysterie wurden die Feierlichkeiten um ein Jahr verschoben. 2023 feierte man dann die Schulgründung mit einem Projekttag. Für einen Vortrag am Vorabend dieses Projekttags hatte man sich einen ganz besonderen Gast eingeladen.

Im Jahr 1988[6]Das war vier Jahre vor Beginn meiner eigenen Schulzeit am GaT und elf Jahre vor meinem eigenen Abitur. hatte eine Schülerin am alten GaT Abitur abgelegt, vor der eine beeindruckende Karriere stehen sollte. Nach einem Studium der Biochemie und einer immunologischen Dissertation wurde aus der GaT-Abiturientin eine hochdotierte Wissenschaftsjournalistin. 2013 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis[7]Andernorts werden durchaus Preise und Schulen nach dem Stern-Gründer benannt., 2021 folgte dann die Auszeichnung als Wissenschaftsjournalisin des Jahres. Die Rede ist von einer der prominentesten Wissenschaftsredakteurinnen der Süddeutschen Zeitung, der 1969 in Emden geborenen Dr. Christina Berndt.

Während die in der Corona-Hysterie fatalerweise als vorbildlich eingeschätzte Wissenschaftsredaktion der SZ in den letzten Jahren mit Preisen überhäuft worden war, treibt die reine Nennung des Namens von Frau Berndt den allermeisten Maßnahmen- und mRNA-Kritikern zuverlässig erhebliche Zornesröte ins Gesicht:

Die Wissenschaftsredaktion der SZ gehörte in der Hysterie zu den schärfsten Hardlinern der deutschen Medienlandschaft und Christina Berndt war zusammen mit ihrem Ressortleiter Werner Bartens die treibende Kraft dahinter. Unter Ihrem Autorenprofil auf der SZ-Homepage finden sich über die Jahre über hundert Artikel und Kommentare, die ein erschütterndes Menschen- und Wissenschaftsbild, totale intellektuelle Überforderung und das immer tiefere Abgleiten in die Hysterie dokumentieren.

Eine der vielleicht eindrücklichsten Fehlleistungen veröffentlichte Christina Berndt am 21. Juni 2020 – also wenige Monate nach Beginn der vermeintlichen Pandemie und kurz vor dem ersten Höhepunkt der Corona-Maßnahmenproteste im August. Während bereits eine ganz ordentliche Anzahl an Menschen aus unterschiedlichsten Perspektiven das Pandemie-Narrativ hinterfragte und auf die Straße ging, glitt eine der angesehendsten Wissenschaftsredaktionen der Bundesrepublik unter dem Titel Wie man Experten erkennt in eine haarsträubende, voraufklärerische Eminenzgläubigkeit ab.

Christina Berndt legt in dem Artikel mit Verweis auf den Dortmunder Journalismus-Professor Holger Wormer und dessen Lehrstuhlmitarbeiterin Wiebke Rögener offen, anhand welcher Kriterien in der SZ-Wissenschaftsredaktion entschieden wurde, welche „Experten“ man in Artikeln oder Podcasts zu Wort kommen ließ. Es wird darin deutlich, wie man bei der SZ aus Ignoranz, fehlgeleitetem Bewußtsein für Reichweitenverantwortung und aus einer völligen Überschätzung der eigenen Urteilskraft Millionen von Lesern entmündigte:

Wenn es um die Gefahr durch Corona-Viren geht, sind demnach Virologen die besten Experten, die selbst zu Corona geforscht haben. Davon gibt es allerdings nicht viele. In Deutschland ist Christian Drosten, der Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, ein solcher Super-Experte. Sein Institut ist nicht nur das Nationale Konsiliarlabor für Coronaviren, das dem öffentlichen Gesundheitsdienst und Ärzten bei dem Thema zur Seite steht, Drosten hat zudem fast 400 Facharbeiten verfasst, einen großen Teil davon zu Coronaviren.

Da können andere nicht mithalten. So sind von dem Lungenarzt und ehemaligen SPD-Politiker Wolfgang Wodarg, der mit seinen Corona-kritischen Youtube-Videos viel Aufmerksamkeit bekommen hat, lediglich zwei deutschsprachige Publikationen zu finden, die nicht einmal am Rande mit Coronaviren zu tun haben. „Dadurch ist sehr klar, wer hier der Fachmann ist“, sagt Wormer.

[…]

Aber auch in der Presse kommt nicht jeder, der seine Meinung gerne kundtun möchte, zum Zuge – und das mit Kalkül. Vielmehr sei es die Aufgabe von Journalisten, Statements einzuordnen und eine Vorauswahl zu treffen, sagt Wiebke Rögener. „Dafür bin ich Wissenschaftsjournalistin. Ich habe über die Jahre Kompetenz erworben, damit ich diese Auswahl sinnvoll treffen kann.“

Zu nahezu allen Themen gebe es Außenseitermeinungen, die von seriösen Medien bewusst nicht verbreitet werden. Verschwörungsmythen zur Mondlandung gehören ebenso dazu wie die Ansichten mancher Leute – darunter auch einstmals renommierter Virologen -, die die Existenz von HIV bestreiten.

Dr. Christina Berndt: Wie man Experten Erkennt. Süddeutsche Zeitung, 21. Juni 2020

Wissenschatstheoretisch ist das grober Unfug, denn es gibt tiefgreifende Widersprüche:

Zunächst ist in wissenschaftlichen Diskursen völlig irrelevant, wie groß die Anzahl derjenigen ist, die eine Hypothese vertreten. Wissenschaftlicher Fortschritt ergibt sich nämlich systematisch immer aus einer Außenseiterposition. Das kann beispielsweise ein junger Doktorand mit einer schwer widerlegbaren Idee sein, die er erst mit seinem Doktorvater teilt, dann mit Studenten in seinem Seminar diskutiert, in einem Aufsatz zu Papier bringt und irgendwann vielleicht seine eigene bahnbrechende Habilitationsschrift darüber verfasst. Die Wissenschaftsgeschichte ist voll von solchen – manchmal tragischen – Einzelkämpfern. Galileo, Einstein, Semmelweiss, die Liste ließe sich nahezu endlos fortführen.

Hieraus ergibt sich, dass auch die von Holger Wormer angesprochene Heranziehung der Anzahl von einschlägigen Veröffentlichungen kritisch einzuschätzen ist. Eine einfache Google-Suche nach Veröffentlichungen sagt nämlich noch nichts über die Qualität der Veröffentlichungen aus. Etwa seit der Jahrtausendwende versuchen entsprechende Rankingsysteme, hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Sie werten aus, wie oft ein wissenschaftlicher Artikel zitiert wird und weisen dann dem Autoren einen Score zu. Nachwuchswissenschaftler verstehen die dahinterliegenden Mechanismen jedoch inzwischen derart gut, dass sie ihre gesamte Veröffentlichungspraxis danach ausrichten[8]Ausführlicher: Michael Meyen: Wie ich meine Uni verlor. Berlin, 2023. S. 133-151.. In solchen Scorings gewinnt nicht derjenige mit der besten Hypothese, sondern derjenige, der es über ein gutes Netzwerk zu möglichst vielen Veröffentlichungen und Querverweisen bringt.

Der zweite Widerspruch betrifft Karl Poppers Falsifikationismus. Popper hat Mitte des 20. Jahrhunderts die Wissenschaftstheorie quasi auf den Kopf gestellt. Seine Hypothese: Wissenschaftlicher Fortschritt entsteht weniger durch die immer weitere Festigung von Erkenntnissen durch neue Forschung, sondern es verhält sich umgekehrt so, dass nachweislich falsche Hypothesen nach und nach aus dem wissenschaftlichen Kanon entfernt werden. Die grundlegende Forderung Poppers ist daher, dass jede wissenschaftliche Hypothese falsifizierbar, also widerlegbar formuliert sein muss. Ein weiterer Knackpunkt dabei: Falsifizieren darf jeder und jedem dieser Falsifikationsansätze muss nachgegangen werden – ein einziger stichhaltiger Falsifikationsansatz reicht aus, um eine Hypothese zum Einsturz zu bringen.

Falsifizieren kann also auch die fiktive Tante Erika, die bei einer der großen Supermarktketten an der Kasse sitzt. Tante Erika könnte beispielsweise während des ersten Lockdowns, als es noch keine Masken gab, aufgefallen sein, dass es trotz des noch vorhanenden Kundenkontakts in der Supermarktkette nicht zu größeren Ausfällen beim Personal gekommen ist – und damit gemerkt haben, dass irgendetwas an dieser Corona-Geschichte nicht stimmt.

Natürlich dürfen auch Wissenschaftler aus anderen Disziplinen falsifizieren. Eigentlich wurden innerhalb der letzten zwanzig Jahre solche interdisziplinären Ansätze an den Universitäten groß geschrieben, aber bei Christina Berndt und der SZ-Wissenschaftsredaktion scheint das nicht angekommen zu sein:

Für die Drosten-Jünger galt ja bereits der Lungenfacharzt und ehemalige SPD-Politiker Wolfang Wodarg als unwürdig, den demütig verehrten „Virenpapst“ anzuzweifeln. Nur: Wodarg war eben nicht nur Lungefacharzt, sondern hatte zunächst am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin gearbeitet und wurde später Amtsarzt im Flensburger Gesundheitsamt. Hier standen sich also tatsächlich zwei Experten gegenüber – ein fleissig veröffentlichender Laborforscher und ein Frontkämpfer mit einschlägiger Erfahrung aus jahrzehntelanger Befuspraxis, der zudem während der Schweinegrippe-Hysterie einen tiefen Einblick in das politische Geschehen hatte.

Wodarg bekam dann schnell interdisziplinäre Schützenhilfe. Eines der bekanntesten Beispiele ist dabei der hannoveraner Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Stefan Homburg. Dem war im April 2020 aufgefallen, dass der damals medial zum Maß aller Dinge hochgehypte R-Wert zur Ermittlung des Infektionsgeschehens bereits vor Verhängung des ersten Lockdowns deutlich zurückgegangen war. Daraufhin hatte er die Wirksamkeit der Lockdownpolitik scharf in Frage gestellt[9]Homburg hielt zufälligerweise den ersten Termin einer Vortragsreihe im Sommer 2022 ausgerechnet in Emden ab – nur einen Steinwurf von der uppad.de-Zentrale entfernt. Dass Max-Lehrpersonal vor … Continue reading.

Homburgs Einwand gegen die Lockdownpolitik ist beispielhaft für die Wichtigkeit interdisziplinärer Ansätze: Finanzwissenschaftler mögen zwar nicht unbedingt über tiefe virologische und epidemiologische Expertise verfügen, aber diese Leute können gemeinhin rechnen – die Mathe- und Statistikscheine gelten in den ökonomischen Fächern als anspruchsvoller Filter fürs Studium. Wer sie nicht schafft, ist raus. Im Medizinstudium hingegen spielt Mathematik so gut wie keine Rolle. Mediziner haben lediglich einen Physikschein im Grundstudium. Bei Biologen kommt häufig etwas Statistik hinzu. Aber in beiden Fächern hat man danach in der Regel nichts mehr mit mathematischen Fragestellungen zu tun.

Es ist also denkbar, dass ein Ökonom schlicht mit einem statistischen Ansatz an eine medizinische Fragestellung herangeht, von dem ein Mediziner, Virologe oder Biologe noch nie etwas gehört hat und den er auch nicht wirklich versteht. Legendär der aus diesem Gefälle entstandene Twitter-Schlagabtausch zwischen Homburg und Christian Drosten, der es sich tatsächlich anmaßte, dem Finanzwissenschaftler exponentielles Wachstum erklären zu können:

Ich persönlich war übrigens Mitte 2020 aus einem eher medienkritischen Ansatz raus aus dem Pandemie-Narrativ: Eigentlich hatte ich mir für das Jahr vorgenommen, ein bereits länger pausiertes Studium der Germanistik und Musikwissenschaft zum Abschluss zu bringen – die Corona-Hysterie hat mir da einen Strich durch gemacht. Mein Ansatz bewegt sich irgendwo zwischen poststrukturalistischer Diskursanalyse und Medienwissenschaft. Der Gedanke: Wenn es wirklich eine „Pandemie“ gäbe, müssten die Mechanismen der Medienökonomie dazu führen, dass entsprechende Geschichten von deren Opfern prominent erzählt würden. Aber obwohl Tag für Tag[10]Wenn im Sommer auch wenige… Todesfälle vermeldet wurden, kamen solche Geschichten in den Medien nicht mehr vor. Selbst der Drosten-hörigen Zeit fiel das Ausbleiben von entsprechenden Bildern im Mai 2020 auf – kam aber ebenfalls nicht zu den richtigen Schlüssen. Bei der SZ sah das ganz ähnlich aus.

Ein lichter Moment für Christina Berndt

Auch wenn manche Leute das Gefühl haben, Corona sei vorbei, zeigen die Neuinfektionen unmissverständlich: Das Virus wartet nur – auf die Fehler der Menschen.

Dr. Christina Berndt: Zwang ist legitim. Süddeutsche Zeitung, 27.07.2020

Im Hochsommer 2020 hatte Christina Berndt dann so etwas wie den Anflug eines lichten Moments. Während ihr Guru Christian Drosten die Saisonalität des Virus noch Ende Mai 2021 (!) legendär falsch einschätzte und von einem „Sommereffekt“ von gerade mal 20 Prozent Reduktion fabulierte, ging sie beispielsweise in der Videokolumne Warten auf die zweite Welle konstant von einer Rückehr des Virus im Herbst aus. Das unterscheidet sie auch von der Ober-Paniktröte Karl Lauterbach, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Art eines texanischen Scharfschützen vor Lockerungen warnte, weil dann zwei Wochen später mit Sicherheit die nächste Welle die Intensivstationen überlasten würde.

Die Maßnahmenkritiker waren zu diesem Zeitpunkt zu sehr mit der Zuverlässigkeit der PCR-Tests beschäftigt, um zu merken, wie sich durch das Geschwätz Drostens und Lauterbachs von vermeintlichen „Sommerwellen“ der Wellenbegriff ins Absurde verdreht hatte. Wenn man von Saisonalität ausgeht, ist das Durchzählen von Wellen völlig sinnbefreit – so sinnbefreit, als würde man Tag für Tag das Hochwasser im Emder Außenhafen mit fortlaufenden Nummern versehen.

Epidemiologen, die sich strikt an das Lehrbuchwissen hielten[11]Wenn ich mich recht erinnere, betraf das beispielsweise auch Sucharit Bhakdi., verneinten deswegen oft auch publikumswirksam, dass es überhaupt die Möglichkeit einer „zweiten Welle“ gäbe. Sie erfassten schlicht nicht, dass maßnahmengläubige Covid-Kultisten den Beginn der saisonalen Winterwelle als Beleg für die Richtigkeit der Weissagungen ihrer Propheten interpretieren würden.

Christina Berndt stellte somit in der Riege dieser Covid-Kultisten eine bemerkenswerte Ausnahme dar, denn sie hatte früh verstanden, dass das Virus dem für Coronaviren üblichen saisonalen Korridor folgte. Doch für den sich hieraus zwingend ergebenden nächsten logischen Schritt war man in der Wissenschaftsredaktion der SZ wohl in völliger Expertenhörigkeit bereits zu stark dem quasireligiösen Coronawahn verfallen:

Wenn die Maßnahmen irgendwie zur Eindämmung der Corona-Ausbreitung geeignet gewesen wären, hätten Staaten auf der Nordhalbkugel ohne bzw. mit kaum nennenswerten Einschränkungen wie Belarus oder Schweden jetzt in Erklärungsnot kommen müssen. Aber dort gingen die Infektionszahlen ähnlich schnell zurück, wie in anderen Nord-Ländern auch. Auf der Südhalbkugel ging es hingegen mit Einsetzen des Südwinters trotz scharfer Maßnahmen Schlag auf Schlag. Im bisher „verschonten“ Südafrika stiegen die offiziellen Fallzahlen ab Mai deutlich an. In Australien kam es ebenfalls zu einer „überraschenden“ Covid-Welle ab Ende Juni – derart püktlich, dass man hätte die Uhr danach stellen können. Melbourne ging Anfang Juli in den Lockdown.

Am härtesten traf es jedoch das südamerikanisch Peru. Die dortige Regierung knechtete ihre zum Teil bettelarme Bevölkerung mit dem längsten und wohl auch drakonischsten Lockdown weltweit – mit verheerenden Folgen. Acht Monate lang sperrte man die eigenen Bürger weg. Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatte das allerdings keinen – SARS-CoV-II zeigte sich selbst vom Einsatz des peruanischen Militärs unbeeindruckt.

Spätestens jetzt hätte es in den Redaktionen der deutschen Leitmedien dämmern müssen, dass irgendetwas an der Corona-Geschichte nicht stimmt. Vereinzelt tat es das auch. Bei der Welt beispielsweise meldete sich Herausgeber und Journalisten-Legende Stefan Aust unter dem Titel Denn sie wissen nicht, was sie tun zu Wort. Hart geht Aust darin mit dem Datenchaos beim Robert-Koch-Institut (RKI) und dem Maßnahmenregime ins Gericht. Einer der zentralen Sätze aus dem Artikel ist inzwischen zum Meme geworden:

Die Maske muss der Maske wegen getragen werden. Als Symbol für Gehorsam den Maßnahmen der Regierenden gegenüber.

Stefan Aust: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Welt, 08.09.2020

Aber selbst Leute wie der ehemalige Spiegel TV-Moderator kamen nicht mehr gegen die geballte Macht der Coronoiker an, von denen man bei der Welt in Person des Finanzjournalisten Olaf Gersemann ein ganz ähnliches Kaliber wie Christina Berndt in der eigenen Redaktion sitzen hatte. Zudem schlummerte Austs Artikel hinter der Paywall und konnte nur von Online-Abonennten und Käufern der gedruckten Ausgabe gelesen werden.

Der Großteil der Bevölkerung, aber auch Parlamentarier und Journalisten hatten die Geschichte geschluckt, die Corona-Maßnahmen hätten die „Pandemie“ erfolgreich eingedämmt. Und in diesem Wahn liefen sie im Gleichschritt auf die Katastrophe des folgenden Winters zu…

Es ist angerichtet

Halten wir noch einmal fest: Es gab jetzt drei maßgebliche Positionen.

  1. „Saisonalisten“, die verstanden hatten, dass der Rückgang der Corona-Infektionen im Frühjahr (nahezu) ausschließlich auf saisonale Effekte zurückzuführen war, die Maßnahmen weitestgehend wirkungslos und zahlreiche „Experten“ auf eine tückische Scheinkorrelation hereingefallen waren.
  2. „Saisonalitätsleugner“ wie Christian Drosten, die sogar noch Mitte 2021 (!) bestritten, dass es soetwas wie einen nennenswerten saisonalen Effekt überhaupt gäbe.
  3. „Coronoiker“, die den saisonalen Effekt nicht abstritten, aber bereits derart stark den Maßnahmen-Narrativen, Virenangst und der Pandemie-Massenpsychose verfallen waren, dass sie selbst einfachste logische Widersprüche nicht mehr erfassen konnten oder wollten.

Mitte 2020 hatte sich das Overton-Fenster bereits so stark verschoben, dass in Politik und dem überwiegenden Teil der Mainstream-Medien lediglich Vertreter der beiden letzten Positionen gehört wurden. Mir selbst schwante damals schon Böses und ich formulierte auf meinem alten, seit November 2021 gesperrten Twitteraccount genau jenen Mechanismus, der uns dann pünktlich zu Beginn der Grippe-Saison im Herbst 2020 den letztendlich sieben Monate andauernden „Wellenbrecherlockdown“ des merkelschen Hygieneregimes bescheren sollte:

Mir war klar geworden, dass zum Herbst hin eine gigantische Fallwelle auf eine desinformierte Bevölkerungsmehrheit zurollen würde. Wie die verängstigte Masse reagieren würde, war kaum vorhersehbar. Um zum damaligen Zeitpunkt eine massenpsychotische Katastrophe noch zu verhindern, hätte es kritische Leitmedien gebraucht, die ihrer Aufgabe gerecht wurden. Kritische, einschlägige Experten, welche die Situation zutreffender eingeschätzt hatten, als der gehypte Schwätzer Drosten, gab es genug – man hätte nur mit ihnen sprechen müssen.

Aber genau diese Leute hatte man ja bei der SZ auf Grund seiner „Qualitätskriterien“ rausgekegelt. Als dann die Winterwelle kam, lief die Desinformationsmaschine SZ unter ihrer Wissenschaftsredakteurin Christina Berndt zur Höchstform auf.

Exkurs: Tageszeitung einer akademischen Generation

Die SZ ist für Menschen meiner Generation mit akademischen Hintergrund nicht einfach irgendeine Zeitung. Als mir 1999 nach dem Abitur als Zivildienstleistender endlich etwas mehr Geld zur Verfügung stand, besorgte ich mir recht bald ein vergünstigtes Abo, das ich über Jahre beibehielt. Auf der Rettungswache hatten wir häufig viel Zeit zum Lesen und meine Oma führte Freitag für Freitag einen erbitterten Wettstreit mit einer alten Schulfreundin und deren Ehemann, wer denn das beinharte Kreuzworträtsel aus dem SZ-Magazin als erstes gelöst bekäme.

Während meiner Studienzeit war die Zeitung vermutlich die mit Abstand beliebteste WG-Tageszeitung. Gefühlt in jeder dritten oder vierten Wohngemeinschaftsküche, die ich in Münster von innen gesehen habe, lag sie irgendwo umher, weil es einer der Mitbewohner abonniert hatte. Gerade bei Jurastudenten stand das Blatt aus München unabhängig von der politischen Ausrichtung hoch im Kurs. Die brauchten nämlich einerseits eine seriöse Tageszeitung, um bei Prüfungsfällen mit Aktualitätsbezug auf dem Laufenden zu sein, andererseits bot die SZ mit dem Jetzt!-Magazin, einem nicht völlig eingestaubten Feuilleton und dem besten Sportteil der großen deutschsprachigen Tageszeitungen im Vergleich zur FAZ oder Welt deutlich mehr Unterhaltungswert.

Heute, da sind die Studenten aus den Wohngemeinschaften Richter und Staatsanwälte, Lehrer oder echte Pädagogen, selber Journalisten oder auch Mediziner geworden. Viele von ihnen haben vermutlich ihr Abo der SZ niemals gekündigt, sondern immer mitgenommen. Heute, da liegt die SZ Morgen für Morgen im Briefkasten der schicken Altbauwohnung im Zentrum der angesagten Großstadt, in digitaler Form auf dem iPad auf dem Küchentisch des geräumigen Häuschens in der Vorstadt oder wird gewohnheitsmäßig auf dem Weg zu einem Kundenmeeting im InterCity mit dem Smartphone angesurft.

Ich will das nur festhalten, um darzustellen, dass diese Zeitung durchaus noch eine gewisse Reichweite besitzt – vor allem bei heutigen Entscheidungsträgern.

Denn wie alle anderen Tageszeitungen auch geriet die SZ bald nach der Jahrtausendwende unter massiven finanziellen Druck: Der Einsturz der Twin Towers am 9. September 2001 zeigte vielen Menschen auf tragische Weise, dass in Zukunft das Internet als Informationsmedium eine wesentlich wichtigere Rolle spielen würde. Gleichzeitig ging das Anzeigengeschäft – im Fall überregionaler Tageszeitungen ging es dabei vor allem um Werbekunden, den akademischen Stellenmarkt und hochpreisige Immobilien – drastisch zurück.

Es blieben die Abonennten: Und das hat den Journalismus solcher Blätter nach und nach verändert. Wohlgemerkt ohne, dass es deren Leser unbedingt mitbekommen haben. Konnten Tageszeitungen bis zum Aufkommen des Internet durch exklusive Berichterstattungen zusätzliche Einnahmen über den Straßenverkauf generieren und dadurch vielleicht sogar neue Abonnenten hinzugewinnen, laufen sie heute dem Internet hinterher. Wer heute noch eine Tageszeitung abonniert hat, dem geht es nicht um Nachrichten, sondern um die Einschätzung selbiger. Wer eine vermeintliche Qualitätszeitung abonniert hat, der hat gewissermaßen einen Teil des eigenen Denkens externalisiert. Er kann sich in seinem komplexen Alltag nicht zu jedem Thema eine eigene Meinung bilden, sondern greift auf Menschen zurück, die das mutmaßlich professionalisiert haben. Und genau an diesem Punkt sind während der Corona-Hysterie so viele Akademiker in eine tückische Falle gelaufen:

Sie haben nicht gemerkt, dass die ehemaligen Qualitätszeitungen und -zeitschriften diesem Anspruch (mindestens) seit der Jahrtausendwende immer weniger gerecht werden.

Die Falle schnappt zu

Die saisonale Erkältungswelle setzte im Frühherbst 2020 derart zuverlässig ein, man hätte den Kalender danach ausrichten können:

Zum Monatswechsel im Oktober/November schossen die ertesteten Fallzahlen – die Testkapazitäten hatten sich über den Sommer verfünffacht – erwartungsgemäß durch die Decke. Doch diese Herbstwelle traf auf eine komplett desinformierte Bevölkerung. Über den gesamten Sommer hatten ja weite Teile der Mainstream-Medien und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Menschen eingeredet, die Situation sei sicher unter Kontrolle und die Maßnahmen hätten das Virus „besiegt“.

Jetzt schlug die Stunde der Oberpaniker: Und Christina Berndt war darunter eine der durchgeknalltesten. Aus jedem Absatz, jeder Zeile, jedem Wort schlägt einem panische Angst und Hysterie vor dem „Killervirus“ entgegen. Man meint beim Lesen der alten Artikel den Angstschweiß noch riechen zu können – oder waren das schon Kot und Urin?

Zukünftige Generationen werden dereinst viel Spaß mit den alten Artikeln haben. Sie taugen wunderbar für einen Partyspaß ähnlich eines Powerpoint-Karaoke – wer zuerst lachend am Boden liegt, hat verloren. Aber für diejenigen, die den Lockdown- und Impfwahn der Jahre 2020 bis 2022 miterlebt haben, sind diese Artikel bitterer Ernst. Sie bildeten den Nährboden, auf dem dann die pogromartige Hetzjagd auf Ungeimpfte im Apartheidswinter 2021/22 gedieh.

Am 18. November 2020 gab sich Berndt in ihrer Videokolumne dem erlösenden Traum vom kompletten Lockdown hin – der ihrer Ansicht nach anscheinend nur deswegen zum Scheitern verurteilt war, weil sich etliche Menschen nicht daran hielten.

Die zweite Welle will einfach nicht so richtig brechen, trotz mehr als zwei Wochen Teil-Lockdown. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen stagniert seit geraumer Zeit, aber es werden kaum weniger. Wahrscheinlich reichen die bisher getroffenen Maßnahmen einfach nicht aus, um die Kurve spürbar nach unten zu drücken.

Dr. Christina Berndt: Zähe zweite Welle. Süddeutsche Zeitung, 25.11.2020

Einen Monat später dann hatte die Ministerpräsidentenkonferenz das Flehen Christina Berndts erhört und Merkels Wellenbrecherlockdown war deutlich verschärft worden. Doch gebracht hatte das rein gar nichts – das Virus interessierte sich keinen Pfifferling für den Zirkus, den die Bundes- und Landesregierungen da veranstalteten.

Die SZ-Wissenschaftsredakteurin, die – der Anhängerin einer durchgeknallten UFO-Sekte gleich – in der Selbstgeisselung durch den Lockdown ein Erweckungserlebnis herbeigesehnt hatte, verfällt nun in regelrechte psychische Dekompression. Das anstehende Weihnachtsfest mutiert in ihrer Wahnwelt zum apokalyptischen Totentanz:

Auch wenn es im Rest des Landes so schlimm noch nicht ist: Covid-19 ist ein Totmacher. Noch nie in der Geschichte der Republik sind so viele Menschen in so kurzer Zeit an einer einzigen Krankheit gestorben.

[…]

Das alles sind extrem gute Gründe, sich noch heute für ein besonderes Weihnachten zu entscheiden, für ein Weihnachten allein zu Haus.

Dr. Christina Berndt: Lieber allein zu Hause. Süddeutsche Zeitung, 23.12.2020

Nun hatte also auch der Lockdown versagt – das UFO war nicht erschienen. Anhänger von Psycho-Sekten verfallen in dieser Situation einfach darauf, sich den nächsten Termin für den Weltuntergang zu suchen. Auch Christina Berndt suchte sich Mitte März und damit so ziemlich genau ein Jahr nach dem ersten Lockdown eine neue Methode, die endlich die Erlösung bringen sollte. In einigen Staaten begannen jetzt die Massenimpfungen – und in Israel sah es gut aus. Dass dies mit der Saisonalität zusammenhängen könnte, kam Christina Berndt anscheinend nun auch nicht mehr in den Sinn:

Die Erlösung wird jetzt aus der Spritze erwartet.

Kurven zum Neidisch-Werden sind es, die der israelische Statistiker Eran Segal gerade veröffentlicht hat. So also sieht es aus, wenn das Coronavirus einem Volk nach einem erfolgreichen Impfprogramm nicht mehr viel anhaben kann: Der letzte Lockdown ist in Israel seit einem Monat vorbei – und die Infektionskurven legen trotzdem eine Talfahrt hin, die man sich in Deutschland kaum ausmalen mag.

Eines Tages wird es auch in Deutschland solche schönen Kurven geben, so kann man sich trösten.

Dr. Christina Berndt: Und jetzt: Tempo machen. Süddeutsche Zeitung, 19.03.2021

Im Himmel ist Jahrmarkt

Am ehemaligen GaT gab es zu meiner Zeit den berüchtigten Chemielehrer R.: Der Mann hatte einen deutlichen Berliner Dialekt und ein sehr lautes Organ, mit dem er auf viele Schüler – vor allem eher zurückhaltende Schülerinnen – manchmal sehr einschüchternd wirkte. Trotz seines bereits etwas fortgeschrittenen Alters fuhr er meist mit dem Rennrad zur Arbeit – und ließ dabei die allermeisten Schüler mit ihren Hollandrädern hinter sich stehen.

Als mein Jahrgang zum Abitur antrat, stand er kurz vor der Pension. Da Christina Berndt genau elf Jahre vor mir Abitur dort abgelegt hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie dort auch von Herrn R. unterrichtet wurde – eigentlich muss sie den Mann auch als Lehrer gehabt haben.

Von Herrn R. gab es einen Spruch, der wohl Jahr für Jahr in den Lehrerzitaten der Abi-Zeitungen oder auch unserer Schülerzeitung landete:

Wenn ick sach, im Himmel is Jahrmarkt, denn seht Ihr schon die Buden!

Herr R. – Lehrer für Chemie am GaT

Offen gesagt: Ich habe lange gerätselt, was der Mann genau damit meinte. Und erst in der Beschäftigung mit dem ausgemachten Schwachsinn einer Vor-Abiturientin vom selben Gymnasium fällt es mir wie Schuppen von den Augen.

Der Spruch kam – zumindest meiner Erinnerung nach – immer mal wieder dann, wenn ein Schüler nicht selbst beobachtete, sondern wenn er riet. Wenn er vor allem riet, was er dachte, was Lehrer R. hören wollte.

Was Christina Berndt in Anbetracht des offensichtlichen Scheiterns der sogenannten Impf-Kampagne in etlichen Kleinstaaten über den Sommer 2021 zusammendichtet, um irgendwie das Scheitern nicht eingestehen zu müssen, löst in mir physische Schmerzen aus. Als Kostrpobe mag ein Zitat zu Gibraltar dienen, das für die Impf-Fanboys eine Zeit lang als Vorbild galt, dann aber nach kompletter Durchimpfung eine beeindruckende PCR-Welle hinlegte:

Impfskeptiker richten ihren Blick derzeit gerne nach Gibraltar. Denn die Zahlen aus dem britischen Überseegebiet an der Südspitze der Iberischen Halbinsel scheinen zu bestätigen, was manche Menschen schon immer vermutet haben: dass die Impfung gegen Covid-19 gar nichts taugt. Seit Monaten schon meldet Gibraltar eine Impfquote von fantastischen 100 Prozent, und am 8. April hatte Chief Minister Fabian Picardo den Außenposten Londons für „Covid-frei“ erklärt. An dem Tag gab es erstmals keine aktiven Infektionsfälle unter den Einheimischen mehr. Doch zuletzt hat die Inzidenz dort mit mehr als 600 Infektionen binnen sieben Tagen auf 100 000 Einwohner gigantische Höhen erreicht. So hohe Zahlen finden sich derzeit noch nicht einmal in Großbritannien, Spanien und den Niederlanden, wo sich bei deutlichen niedrigeren Impfquoten um die 50 Prozent gerade auch massive Wellen an Neuinfektionen erheben.

Doch der Blick nach Gibraltar muss Geimpfte nicht beunruhigen. Er bestätigt bei näherer Analyse keineswegs, dass die Impfung nicht schütze.

Dr. Christina Berndt, Karin Janker: Corona-Rätsel um Gibraltar. Süddeutsche Zeitung, 25. Juli 2021

Was soll man angesichts solchen offensichtlichen Schwachsinns noch sagen? Gibraltar hatte durchgeimpft – und direkt danach gingen im Hochsommer die Infektionszahlen durch die Decke. Christina Berndt verhielt sich zu diesem Zeitpunkt wie ein Kleriker, der nicht durch Galileos Fernglas gucken wollte – um das eigene Weltbild nicht zu zerstören. Rational ist da gar nichts mehr, sondern nur noch quasireligiöser Eifer und Verleugnung.

Wer so in seinem Weltbild gefangen ist und das Offensichtliche leugnet, der steht kurz davor, seine Mitmenschen auf den Scheiterhaufen zu jagen, weil er sie für Häretiker, Brunnenvergifter, Hexen oder sonstwas hält. Christina Berndt und die Süddeutsche Zeitung waren jetzt auf dem Weg, sich als intellektuelle Brandstifter zu betätigen.

Eine fatale Nacht in Münster

Anfang September 2021 kam es dann in Münster zu jenem Ereignis, das ich persönlich als einen der wichtigsten Marker während der gesamten Corona-Hysterie ansehe. Es betrifft einen der Orte, dessen Nennung in mir tatsächlich wehmütige nostalgische Erinnerungen hervorrufen. Im Cuba Club in der Achtermannstraße habe ich während meiner eigenen Studienjahre mehrfach die Nacht zum Tage gemacht – die dortige Kombinat-Party mit blechlastigen Balkanbeats waren für zwei oder drei Jahre ein fester Termin im Monatskalender. Lang ist’s her[12]Grüße an dieser Stelle an den niedersächsischen Verfassungsschutz, falls eine bestimmte Person mitliest.

Das Cuba wurde einer der ersten Clubs, in denen es trotz damals noch vorauseilender 2G-Regelung zu einer Masseninfektion gekommen war. Von knapp vierhundert Gästen einer Party am 3. September 2021 wurden in den folgenden Tagen über achtzig positiv auf SARS-CoV-II getestet. Die Münsteraner Partynacht ist deswegen so wichtig, weil auch überregional über den Fall berichtet wurde. Ab diesem Zeitpunkt konnte man – so man noch halbwegs bei Verstand war – selbst dann nicht mehr die 2G-Regelung gutheißen, wenn man von der Impfung überzeugt war. Ohne Fremdschutz brach die einzige vertretbare Begründung für 2G weg.

Christina Berndt hingegen verdrehte in ihrer Videkolumne Was für eine 2-G-Regelung spricht den Vorfall im Cuba derart, dass sie ihn sogar als Argument für die Aufrechterhaltung von 2G gelten ließ. In bester Homöopathenmanier schwurbelt sie in dem Video daher, dass es nur der Impfung zu verdanken sei, dass keiner der Gäste schwer erkrankte. Wer heilt, hat recht – oder so ähnlich. Allerdings verkehren im Cuba weit überwiegend junge, normalerweise völlig gesunde Menschen. Das Cuba ist einer der beliebtesten Clubs in der Studentenstadt. Schwere Erkrankungen oder gar Todesfälle sind in dieser Alterskohorte derart selten, dass sich über mehrere Jahre das komplette Wacken und Rock am Ring hätten anstecken müssen, nur um einen einzigen entsprechenden Fall zu generieren:

Gemäß RKI gab es bis zum 01. Juli 2021 in der Alterskohorte der Unter-30-Jährigen gerade einmal knappe einhundert Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-Infektionen, was 0,1 Prozent aller gemeldeten Covid-Todesfälle entspricht. Das sind derart wenige, dass sich Einzelfälle recherchieren lassen müssten. Aber mir ist bis heute kein einziger „echter“ Corona-Todesfall aus dieser Alterskohorte bekannt geworden. Es besteht also der Verdacht, dass es sich bei nahezu allen Todesfällen derart junger Menschen mit Corona-Zusammenhang um „Fakes“ handelt – um tragische Fälle, bei denen ein junger Mensch den Kampf gegen eine absehbar tödliche Vorerkrankung bereits verloren hatte und dann noch, vielleicht im Krankenhaus oder sogar schon Hospiz, ein postiver PCR-Test hinzukam.

Hieraus ergibt sich eine wichtige Schlussfolgerung: Für die junge Generation war durch die Corona-Schutzimpfungen nichts zu gewinnen. Angesichts möglicher noch unbekannter Impfschäden wäre in dieser Konstellation anzustreben gewesen, jede unnötige Impfung zu vermeiden – denn jeder Impfschaden eines jungen Menschen würde genau die zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems auslösen, welche die Impf-Fanatiker vordergründig so gerne verhindern wollten.

Die 2G-Regelung, mit der lebenshungrige junge Menschen in die Spritze getrieben wurden, war unter diesen Umständen völlig kontraproduktiv.

Der Fall Till Schweiger: Unmenschliche Ignoranz

Einer derjenigen, die das früh verstanden hatten, war überraschenderweise der Schauspieler Til Schweiger: Der beteiligte sich am Dokumentarfilm Eine andere Freiheit[13]Die entsprechenden Passagen beginnen bei Minute 1:25 und bei Minute 12:00., dessen Trailer in etwa zeitgleich zum 2G-Superspreader-Event im Cuba online gestellt wurde. Die Veröffentlichung des ganzen Films erfolgte dann später im Monat. Schweiger darf darin bereits zu Beginn des Films[14]Ab Minute 1:25. seine erheblichen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Impfungen für Kinder und Jugendliche mitteilen. Später[15]Ab Minute 12:00. schildert er dann auch das sehr persönliche Motiv für die Ablehnung der mRNA-Injektionen: Eine von Schweigers Töchtern leidet seit 2009 unter Narkolepsie als Folge der Schweinegrippe-Impfung. Schweiger, sonst nicht gerade für seinen Hang zur Tiefgründigkeit berühmt, wirkt in dieser Sequenz reflektiert bis zerknirscht. Er macht sich offensichtlich noch immer große Vorwürfe wegen der Sache.

Christina Berndt nahm dieses intime Bekenntnis Schweigers zum Anlass, unter dem Titel Till Schweiger und viele traurige Kinder einen besonders widerwärtigen Schmähartikel in dessen Richtung zu adressieren. Der Artikel ist ein verstörendes Zeugnis, wie weit die SZ-Journalistin im Spätsommer 2021 in wissenschaftsfernen Impf-Fanatismus abgeglitten war. Aus ihrer mutmaßlich psychologisch bereits behandlungsbedürftigen Sichtweise heraus verschob sie im Bezug auf ihre Gesinnungsgenossin Pia Lamberty jegliche kritische Auseinandersetzung mit den mRNA-Therapien ins Reich der Verschwörungstheorien:

Verschwörungsmythen ziehen die verschiedensten Menschen an. Kluge wie Dumme, Rechte wie Linke, Spießer wie Anarchisten, Prominente wie Unauffällige. Sie klingen immer spannend und aufregend und geben mit ihren simplen Erklärungsansätzen Halt in einer unsicher gewordenen Welt. Einen Unterschied gibt es aber zwischen Menschen, die den Mythen nur andächtig lauschen, und solchen, die sie weiterverbreiten. In jenen, die Verschwörungsmythen befeuern, stecken häufig narzisstische Persönlichkeitsmerkmale, sagt Lamberty. Denn wer irre Geschichten und vermeintliches Geheimwissen zu erzählen hat, der wird in der Überzeugung gestärkt, etwas ganz Besonderes zu sein. Er kann sich „über andere erheben.“ Prominent sein also.

Dr. Christina Berndt: Til Schweiger und viele traurige Kinder. Süddeutsche Zeitung, 10.09.2021

Christina Berndt hatte sich zu diesem Zeitpunkt in ihrem erratischen Wissenschaftsaftsbild derart eingerichtet, dass sie grundlegendste journalistische Verhaltensregeln über Bord wirft. Ohne jegliche Hintergrundrecherche schreibt und hetzt sie wild drauf los und muss küchenpsychologische Schwurbeleien heranziehen, um das Verhalten Schweigers irgendwie erklären zu können.

Ob es die Suche nach Applaus in einer applausarmen Zeit ist, das Sendungsbewusstsein von Menschen, die ohnehin den großen Auftritt lieben, oder das gesellschaftskritische Selbstverständnis, das Kulturschaffenden oft nachgesagt wird? Womöglich ist das Querdenken unter Künstlern aber auch gar nicht besonders stark verbreitet, sondern findet nur mehr Gehör.

Dr. Christina Berndt: Til Schweiger und viele traurige Kinder. Süddeutsche Zeitung, 10.09.2021

Dass es tatsächlich eine rationale Erklärung für Schweigers Standpunkt geben könnte, erfuhren die SZ-Leser seinerzeit nicht:

Mit keinem Wort erwähnt Christina Berndt den Impfschaden Schweigers Tochter. Über den Grund für diese Nichterwähnung kann ich nur spekulieren. Entweder, Berndt hatte nicht ausreichend recherchiert und wusste nichts davon – das wäre ein grober handwerklicher Fehler. Oder aber die Pferde sind seinerzeit derart mit den Damen Berndt und Lamberty durchgegangen, dass in deren Wahn eine rationale Erklärung Schweigers Verhaltens nichteinmal mehr denkbar war.

Dabei ist Schweigers Fall ein kaum abzuweisendes Beispiel, dass es selbst dann ethisch fragwürdig gewesen wäre, Ungeimpfte per 2G-Apartheid nahezu aus dem kompletten sozialen Leben herauszukegeln, wenn die mRNA-Injektionen sich tatsächlich als der Gamechanger erwiesen hätten, als der sie vermarktet wurden:

Egal, ob Contergan, Lipobay oder eben die Schweingerippe-Impfung – wer selbst oder im persönlichen Umfeld einmal einen entsprechenden Medikamentenschaden erlebt hat, der hat jedes Recht, bei neuen Therapien grundsätzlich zurückhaltend zu sein, erst einmal abzuwarten oder auch generell solche Ansätze abzulehnen – in etwa so, wie man es einem Überlebenden des Untergangs der Costa Concordia zugestehen würde, nichteinmal mehr ein Tretboot auf dem Emder Stadtgraben besteigen zu wollen.

Christina Berndt: Wortrednerin einer Apartheid

Im Herbst 2021 gingen die Inzidenzen völlig erwartbar wieder durch die Decke. Die Impfung lieferte nicht. Die „Pandemieleugner“ hatten das vorhergesehen: Sie konnte nicht liefern, denn es gab nie eine Pandemie, sondern nur ein völlig irres Testregime. Hierdurch wurde unvermeidbare Alterssterblichkeit in Corona-Todesfälle umgelabelt.

Christina Berndt fällt inzwischen gewohnheitsmäßig in Panik:

Schon wieder kommt Deutschland mit dem Impfen nicht hinterher, schon wieder trifft es die Alten. Und die Politik? Schon wieder redet sie von Lockerungen. Was für ein tödlicher Realitätsverlust.

Dr. Christina Berndt: Zwei Jahre Pandemie – und nichts gelernt. Süddeutsche Zeitung, 29.10.2021

Wer hier tatsächlich einem kompletten Realitätsverlust verfallen war, daran kann heute kein Zweifel mehr bestehen: Wie Don Qoijote, der im Glauben, es handele sich um Riesen, einen ungewinnbaren Kampf gegen Windmühlen anzettelt, kämpfen die traurigen Gestalten der Coronisten gegen einen Schnupfen, den sie für eine todbringende Krankheit halten. Dieser Kampf konnte nur in den Wahnsinn führen – aber für diejenigen, die das Spiel durchschauten, wurde der geistige Verfall der Coronisten jetzt sehr unangenehm:

Die Coronisten benötigten einen Sündenbock.

Wie mittelalterliche Selbstgeißler hatten sich die Coronisten gequält in der Hoffnung, der Messias möge dann erscheinen. Doch jetzt, da auch dieses Heilsversprechen verpuffte, wandte sich ihr Zorn gegen die Häretiker, die „Ungeimpften“.

Jetzt fallen alle roten Linien. Die Hardcore-Coronisten schrecken nichteinmal mehr davor zurück, eine der perfidesten Methoden des NS-Antisemitismus wieder aufleben zu lassen: Die „Ungeimpften“ sollen aus der Gesellschaft verschwinden!

Und Christina Berndt und die SZ sind bei diesen Forderungen ganz vorne dabei.

Legitim ist es auch, Menschen ohne Impfschutz Lockerungen zu verweigern: also flächendeckend 2 G zu verhängen. Von Ungeimpften geht nun einmal eine größere Gefahr für die Gemeinschaft aus. Deshalb darf man auch Tätigkeiten wie die Pflege von Alten und Kranken an die Impfung knüpfen. Wem das Ungeimpftsein so wichtig ist, der wird sich eine andere Tätigkeit suchen – und auch einen Winter ohne Restaurant und Kino überstehen.

Dr. Christina Berndt: Man darf sie nicht zwingen. Süddeutsche Zeitung, 11.11.2021

Nach dem Apartheidswinter 2021/22 wurde das Thema „Corona“ bald durch den Ukrainekrieg verdrängt. Massenmedien können – das ist in der Medienwissenschaft lange bekannt – nicht zwei „Hypes“ gleichzeitig aufrecht erhalten[16]Stand das bei Luhmann?. Christina Berndt wird als Hardcore-Coronistin bald zur einsamen Mahnerin, die noch immer Maskenpflichten und Quarantänen aufrecht erhalten will, bis in das Jahr 2023 hinein. Aber das noch aufzudröseln, ist müßig. Noch im Februar 2023 will sie sich aus ihrem eigenen Berufsversagen herausreden:

Aus heutiger Perspektive, da man immunisiert auf das zahmer gewordene Coronavirus blicken kann, konstruiert man, dass man nie Angst vor diesem Erreger hätte haben müssen.

Dr. Christina Berndt: Immer schon gesagt. Süddeutsche Zeitung, 10.02.2023

Noch wenige Wochen vor dem Vortrag am Max-Windmüller-Gymnasium relativierte Berndt also ihre eigene Rolle im Bezug auf die Corona-Krise. Wie passt so eine Person zu einer Schule, die für sich selbst einen jüdischen Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime als Namenspatron erwählt hat?

Wer wie Christina Berndt monatelang den Wert eines Menschen auf seinen Impfstatus reduziert und auf dieser Grundlage zur Errichtung eines regelrechten Apartheidsregimes aufgestachelt hat, der hat sich selbst hinabgestellt auf jene Stufe der Niedertracht, auf der auch Rassisten, Antisemiten, Schwulenhasser oder ähnliches Gesindel operieren.

Ich bin überzeugt: Da passt so ziemlich gar nichts!

Fußnoten

Fußnoten
1 Anm.: In Niedersachsen nannte sich so seinerzeit noch eine zweijährige Übergangsschule zwischen Grundschule und Mittelstufe. Das System wurde kurz nach der Jahrtausendwende an das übrige Bundesgebiet angepasst.
2 Sprachlabore waren soetwas wie die Luftfilter der 1970er-Jahre.
3 Am Treckfahrtstief residiert seither die Oberstufe der Integrierten Gesamtschule Emden.
4 Ähnlich sehe ich das übrigens bei all den Hindenburgplätzen, die landauf, landab, zum Teil bereits in der Weimarer Republik nach dem elenden Kriegstreiber umbenannt wurden.
5 Eine Kandidatin wäre beispielsweise die ehemalige Lehrerin Dr. Greta Hopp gewesen, die der Schule ein erhebliches Vermögen gestiftet hatte, um mittellose Schüler beispielsweise bei Klassenfahrten finanziell zu unterstützen.
6 Das war vier Jahre vor Beginn meiner eigenen Schulzeit am GaT und elf Jahre vor meinem eigenen Abitur.
7 Andernorts werden durchaus Preise und Schulen nach dem Stern-Gründer benannt.
8 Ausführlicher: Michael Meyen: Wie ich meine Uni verlor. Berlin, 2023. S. 133-151.
9 Homburg hielt zufälligerweise den ersten Termin einer Vortragsreihe im Sommer 2022 ausgerechnet in Emden ab – nur einen Steinwurf von der uppad.de-Zentrale entfernt. Dass Max-Lehrpersonal vor Ort gewesen wäre, ist mir nicht bekannt.
10 Wenn im Sommer auch wenige…
11 Wenn ich mich recht erinnere, betraf das beispielsweise auch Sucharit Bhakdi.
12 Grüße an dieser Stelle an den niedersächsischen Verfassungsschutz, falls eine bestimmte Person mitliest.
13 Die entsprechenden Passagen beginnen bei Minute 1:25 und bei Minute 12:00.
14 Ab Minute 1:25.
15 Ab Minute 12:00.
16 Stand das bei Luhmann?

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