Die Impfkampagne der Bundesregierung kommt merklich ins Stocken. Bei kurzfristig organisierten Massenimpfungen der Kommunen melden sich immer weniger Impfwillige. Gleichzeitig erscheinen vermehrt bereits einfach Geimpfte nicht zu den Zweitimpfterminen. In den Berliner Impfzentren platzen nach Informationen des SPIEGEL bereits bis zu 20 Prozent der vorgemerkten Impftermine ohne Absage. Der unvermeidliche Karl Lauterbach fordert deswegen Bußgelder für „Impfschwänzer“.
Womöglich zeichnet sich durch das Phänomen der „Impfschwänzer“ bereits die Marktsättigung bei den Impfungen ab. Es ist ein bekanntes Phänomen: Bei zur Markteinführung knapper Produkte kommt es gerne zu Mehrfachbestellungen bei unterschiedlichen Händlern. Sobald einer der Händler liefern konnte, werden die Bestellungen bei den anderen Händlern storniert. Dadurch wird im Endeffekt die Nachfrage überschätzt. Kalkuliert der Hersteller das nicht mit ein, kann es zu einer katastrophalen Überproduktion kommen. Ich habe solche Situationen vor einigen Jahren mehrfach direkt an der Verkaufsfront miterlebt:
Beispiel Apple: Wie Überbestellungen zu Phantomnachfrage führen
Zwischen 2005 und 2009 jobbte ich bei einem Filialhändler für Computer in der Innenstadt von Münster. Die Kette hatte sich stark auf Apple-Produkte spezialisiert. Für Apple war es damals die zweite „Goldene Zeit“. Nach den legendären Erfolgen in der Frühphase der Personal Computer in den 1980er-Jahren waren Macs in den 1990ern zu reinen Nischenprodukten verkommen. Erst zur Jahrtausendwende mit der Rückkehr Steve Jobs‘, den ersten iMacs mit OS X und dem Überraschungserfolg der iPods änderte sich das wieder.
Es war die Zeit, als nicht nur die gerne verulkten Apple-Fanboys gebannt die Keynotes Steve Jobs‘ verfolgten. Alle paar Monate hielt der Apple-Boss seine legendären Präsentationen der neuesten Apple-Produkte ab. Immer wieder mal stand nach einer solche Präsentation die Computerwelt vor einem massiven Umbruch. Besonders die Einführung der iPods und des iPhones lösten regelrechte Erdbeben in den berührten Industrien aus.
Wenn Apple so ein neues Produkt angekündigt hatte, brachen für die Menschen an der Verkaufsfront arbeitsintensive Zeiten an. Geräte wie den ersten iPod nano, die neuen MacBooks nach der Umstellung auf Intel-Prozessoren und erst recht das erste iPhone wollte jeder so schnell wie möglich haben. In den ersten Wochen und Monaten nach der Markteinführung war es immer schwer, alle Kunden zu bedienen. Diese wiederum bestellten häufig nicht nur bei uns vor, sondern gleichzeitig auch bei den anderen Apple-Händlern in der näheren Umgebung.
Unter den Händlern brach immer ein kleiner Wettstreit aus, wer die Nachfrage am Schnellsten bedienen konnte. Die Warenlogistik im Hintergrund bestellte dann bei Apple gerne mal mehr Geräte, als eigentlich gebraucht wurden – ein klassischer Trick im Einzelhandel, um bei beliebten Produkten an mehr Ware zu kommen. Bei Apple-Produkten war das eigentlich immer unproblematisch. Denn wenn Apple wider Erwarten mehr liefern konnte, wurde man das Zeug spätestens im Weihnachtsgeschäft los. Ich habe nur einmal erlebt, dass diese Rechnung nicht aufging:
Ein kleiner Flop mit Folgen: Apples erstes MacBook Air
Anfang 2008 führte Apple das erste MacBook Air ein. Auf lange Sicht war das Gerät wegweisend, für das Jahr 2008 aber noch zu radikal. Der Rechner brauchte in der Tasche nicht mehr Platz, als ein mit ein paar Seiten gefüllter Schnellhefter. Dafür muss man jedoch auf schmerzhaft viele Schnittstellen verzichten. Nur eine mickrige USB-Schnittstelle, ein Audioausgang, der Displayport zum Anschluss eines Beamers oder Monitors – das war alles. Ins Netzwerk kam der Rechner nur über WLAN (das damals noch nicht überall verbreitet war) und Apple hatte mal eben die FireWire-Schnittstelle über Bord geworfen. Auch ein – damals noch obligatorischer – DVD-Brenner fehlte.
Preislich hingegen lag der kleine Rechner dann auch noch oberhalb der normalen MacBook-Reihe. Das wurde dann selbst den Fanboys zu viel. Das MacBook Air kam nur bei einer sehr übersichtlichen Zielgruppe sehr gut an, die viel Wert auf kleines Packmaß legte. Nachdem diese Klientel bedient war, lagen dutzende MacBook Air wie Blei im Lagerregal unserer Filiale – der Einkauf hatte aus reiner Gewohnheit viel zu viele von den Geräten geordert. Ein knappes Jahr später konnte ich mir einen neuen Job suchen, weil die Zentrale in der Finanzkrise die Stunden für studentische Teilzeitkräfte massiv zusammenstreichen musste. Das Debakel mit den MacBook Air dürfte auch etwas dazu beigetragen haben.
No Shows: Die „Impfschwänzer“ der Luftfahrt-Branche
In der freien Wirtschaft sind also solche und ähnliche Probleme also hinlänglich bekannt. Auch in der Luftfahrt gibt es das ärgerliche Phänomen der „No Shows“. Die meisten Airlines überbuchen bekanntermaßen Flüge, da sie immer damit rechnen, dass ein paar Passagiere nicht zum Flug erscheinen. Ärgerlich wird das, wenn tatsächlich unerwartet wirklich alle für einen komplett ausgebuchten Flug vorgesehenen Passagier am Gate stehen. Dann muss nämlich jemand zurückbleiben.
Die „Impfschwänzer“-Problematik war somit völlig vorhersehbar. In der Bubble der Maßnahmenkritiker ist es erneut ein Thema, das bereits seit Wochen, wenn nicht Monaten diskutiert wurde, was aber erneut von den Leitmedien völlig ignoriert worden ist. Das Vergabeverfahren für die Impfdosen ist hochgradig anfällig für diese Entwicklung und es wurde in den letzten Wochen auch nicht besser. Am Anfang führten die Impfungen nur die kommunalen Impfzentren durch. Inzwischen mischen auch die Haus- und Betriebsärzte mit. Die Impf-Fanboys dürften sich über mehrere Wege um den Stoff beworben haben. Das Absagen der Termine wird dann einfach verschlampt. Von den Impf-Fanboys, die nicht schnell genug an den Stoff kommen konnten, dürften erschreckend viele in das Lager der „Impfschwänzer“ übergerwechselt sein.
Diese erneute Ignoranz gegenüber den Kritikern fördert erneut die Überforderung der Bundes- und Landesregierung mit der Corona-Krise zu Tage – und zwar unabhängig davon, ob man jetzt Befürworter oder Gegner der Corona-Impfungen ist: Während die Bundeskanzlerin noch davon träumt, heute ganz Deutschland und morgen die ganze Welt zu impfen, zeichnet sich ab, dass sich die Impfqoute in Deutschland irgendwo zwischen 60 und 70 Prozent einpendeln wird. Die Bundesregierung dürfte deswegen auch viel zu viel Impfstoff bestellt haben. So, wie Jens Spahn in den letzten Monaten seine Geschäfte gepflegt hat, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass in den Verträgen entsprechende Ausstiegsklauseln ausgehandelt wurden. Vermutlich sitzt die Bundesrepublik Deutschland recht bald auf einem Impfstoff-See.
Die jetzt versorgten Impf-Fanboys werden den Jens Spahn kaum abnehmen.
Interessanter Artikel! Dazu einfach mal „Profiteure der Angst – das Geschäft mit der Schweinegrippe“ eingeben und die vergeigte Generalprobe der jetzigen Situation aus dem Jahr 2019 auf YouTube anschauen und die Verstrickungen zwischen Pharmaindustrie, Medizin und Politik erleben. Diese mehr als supergute Doku von arte durchleuchtete vor gut zehn Jahren den Vorläufer der Corona Pandemie, wo auch Drosten schon mitmischte und wo Millionen und Abermillionen Impfdosen in Sachsen Anhalt verbrannt werden mussten – weil die Deutschen nicht mitmachen. Wenn man übrigens mal die Aktienentwicklung bei biontech anschaut, Einstiegspreis 14 € und jetzt zuletzt glaube ich 450 € oder so, ich will nicht lügen, dann weiß man, wo der Hase im Pfeffer liegt und wofür die massive Werbung fürs Impfen doch gut ist.