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Testen! Testen! Testen? – Wie Schnelltests die Inzidenzen treiben

Schnelltests galten etliche Monate lang als Wunderwaffe gegen die sogenannte Corona-Pandemie. Das Kalkül: Mit billigen, überall zugänglichen Tests wüssten die Menschen rechtzeitig über eine Infektion bescheid und könnten sich dann in Quarantäne begeben, um keine weiteren Infektionen auszulösen. Durch den massenhaften Einsatz der Tests wird allerdings auch das Dunkelfeld deutlich besser ausgeleuchtet. Es werden insgesamt mehr Infektionen bekannt. Hat der unüberlegte Einsatz der Schnelltests eine Art „Phantomwelle“ ausgelöst?

Emden wird die Seuche einfach nicht los. Monatelang hatte die Stadt, in der dieser Blog produziert wird, hervorragend niedrige Inzidenzwerte. Durch die „Erste Welle“ und über den Sommer war man hier oben sogar ohne coronabedingte Verluste an Menschenleben gekommen. Erst Ende Oktober kam es zu einem ersten Todesfall: Mit Beginn der „Zweiten Welle“ verstarb im Klinikum Emden ausgerechnet ein eher jüngerer Mann im Zusammenhang mit einer SARS-CoV2-Infektion. Allerdings war hier wohl eine sehr schwere Grunderkrankung mit im Spiel, wie sich recht schnell in der übersichtlichen Kleinstadt herumsprach. Die „Dritte Welle“ hingegen will einfach nicht abebben. Während zahlreiche Landkreise in der Bundesrepublik inzwischen längere Zeit unter den magischen Inzidenzwert von einhundert Fällen gerutscht sind, riss Emden gerade erst wieder die Latte. Für eine Stadt, die sich nach Jahren des industriellen Niedergangs erfolgreich ein zweites Standbein im Tourismus aufgebaut hat, ist das eine Katastrophe.

Verladearbeiten im Emder Hafen (Archivbild)

Wer noch den gängigen Corona-Narrativen vertraut, der dürfte wohl vor einem Rätsel stehen. Die Emder hatten sich ja augenscheinlich über einen langen Zeitraum ausreichend an die hervorragenden Maßnahmen unserer weisen Bundesregierung gehalten. Jetzt kamen noch die Impfungen dazu. Wie konnte das jetzt, in der „Dritten Welle“, so einreissen?

Die Antwort findet sich möglicherweise in der wirtschaftlichen Struktur der Stadt. Mit Abstand größter Arbeitgeber in Emden ist das örtliche Volkswagen-Werk. VW baut hier seit Jahrzehnten den Passat. Etwa 8.000 Arbeitnehmer arbeiten direkt im Werk Emden. Hinzu kommen noch tausende Beschäftige in Zulieferbetrieben und Hafenlogistik. Gleichzeitig ist die Stadt ein wichtiger Bildungsstandort für die Region. Die örtliche Fachhochschule befindet sich zwar derzeit im Distanzbetrieb, aber mehrere Gymnasien und Oberstufen, eine IGS, Oberschulen, sowie zahlreiche Grundschulen, Kindergärten und Tagesstätten sind zumindest teilweise zum Präsenzunterricht zurückgekehrt.

Seit Ende der Osterferien 2021 in Niedersachsen am 9. April müssen niedersächsische Schüler im Präsenzunterricht Schnelltests über sich ergehen lassen. Das gilt natürlich auch in Emden. Bereits eine gute Woche zuvor begann auch Volkswagen, an seiner Belegschaft vor Betreten des Werksgeländes Schnelltests durchzuführen. Seit diesem Datum stiegen die offiziellen Infektionszahlen kontinuierlich an. Wenn man sich nun die Daten noch etwas genauer ansieht, dann scheint sich der Verdacht zu bestätigen:

Aufschlüsselung der positiven Corona-Tests nach Alter in Niedersachsen vom 18. Mai 2021

Seit einigen Monaten bietet der Naturwissenschaftler Bernhard Lange auf seiner Seite regelmäßig aktualisierte PDF-Übersichten zum Infektionsgeschehen zum Download an. Mit ein paar Klicks kann man sich von Bundesebene bis hinunter zu Landkreisen und kreisfreien Städten selbst ein Bild von der Lage machen. Auf den Seiten sind die Infektionszahlen auch nach Altersgruppen aufgeschlüsselt.

Und Anhand der von Lange aufbereiteten Daten des RKI für Gesamt-Niedersachsen fallen zwei Dinge auf:

  1. Die Sterbezahlen haben sich seit März deutlich von den Infektionszahlen entkoppelt. Würde man ausschließlich auf die Todesfälle achten, würde niemand von einer „dritten Welle“ sprechen. Der Höhepunkt der Todeswelle lag um den Jahreswechsel 2020/21 herum. Diese Werte wurden seither nicht mehr erreicht.
  2. Die Infektionen der „Dritten Welle“ sind offensichtlich nicht gleichmäßig über alle Altersgruppen verteilt. Je jünger die jeweilige Gruppe, desto höher fallen die Fallzahlen pro Million Einwohner der entsprechenden Gruppe aus. In der Altersgruppe ü80 spielt die „Dritte Welle“ praktisch keine Rolle.

Mit Schnelltests in den verlängerten Lockdown?

Die gängige Interpretation der Leitmedien vermutet die Ursache bei den Impfungen. Die Impfungen wurden ja in Deutschland beginnend bei den hochbetagten Risikogruppen in Kliniken und Altenwohnheimen durchgeführt. Dass die „dritte Welle“ bei der besonders alten Bevölkerung und mit zunehmenden Alter ausbleibt, erscheint also zunächst plausibel. Doch diese Theorie hat mehrere Schwächen. Zunächst kommen derzeit Meldungen von Staaten wie Uruguay oder den Seychellen herein, dass dort trotz hoher Impfqouten wieder vermehrt Todesfälle betagter Menschen auftreten. Die Gruppe u4 – also Kleinkinder, die allenfalls erst einige Monate Tagesstätten oder Kindergärten besuchen – wurde in der „Zweiten Welle“ kaum, aber in der „Dritten Welle“ recht deutlich getroffen. Letztlich fällt die „Dritte Welle“ gleich in zwei westlichen Nachbarländern komplett aus, nämlich in der Schweiz und in Belgien. Das Phänomen der „Dritten Welle ohne Greise“ jedoch lässt sich in allen deutschen Bundesländern nachvollziehen. Und das lässt einen anderen Schluss zu:

Bei der „Dritten Welle“ handelt um ein rein statistisches Artefakt.

Aufschlüsselung der positiven Corona-Tests nach Alter in Emden
vom 18. Mai 2021

Bernhard Lange hat auf seinen PDF-Seiten den Beginn der Schnelltests markiert. Der Rollout dieser Tests begann bundesweit in der ersten Märzhälfte und wurde dann zügig von Arbeitgebern und Verwaltungen vorangetrieben. Während sich die Laptop-Klasse mit zunehmendem Alter testfrei im Homeoffice einbunkern konnte, mussten Kindergartenkinder, Schülerinnen und Schüler nach Wochen im Lockdown wieder im Präsenzunterricht erscheinen. Der gnadenlosen Testpflicht waren sie dabei wehrlos ausgeliefert. Ähnlich wird es Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ergangen sein, da etliche Firmen in vorauseilendem Gehorsam und unter Applaus der Gewerkschaften Massentests für ihre Mitarbeiter angeordnet haben.

Die hierbei zu Tage geförderten Infektionen wären mit hoher Wahrscheinlichkeit unter der bisherigen Teststrategie nicht aufgefallen. Erkrankte mit Symptomen konnten sich ja bisher sogar testfrei per Telefon beim Hausarzt krankschreiben lassen. Covid19 ist zudem für die allermeisten Infizierten so harmlos, dass sie eine Infektion überhaupt nicht bemerken. Der Testexzess durch die massenweise Anwendung von Schnelltests dürfte damit zu einer erheblichen Ausleuchtung des Dunkelfelds geführt haben. Die Inzidenzwerte gingen wieder durch die Decke.

Deutschland hat sich durch das Festhalten an den starren Inzidenzwerten nach dem großflächigen Rollout der Schnelltests regelrecht in die Lockdown-Verlängerung getestet.

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